New York City, was für ein Ort. Schmuddelig, übertrieben, laut – schick, modern, idyllisch. Diese Stadt bietet alles. Was mich besonders fasziniert, sind die amerikanischen Diner. Ich war nicht ganz sicher, was dieses Konzept für mich so interessant macht. Hier sind eine Anekdote und ein paar Gedanken, die mir bei einem Besuch vor einigen Jahren morgens beim Frühstück kamen.
Ich schlendere eine Straße in Brooklyn entlang, vorbei an Sandsteinhäusern und betrete einen Diner. Ich setze mich an den langen Tresen. Sieben Leute arbeiten. Der überwiegende Teil von ihnen sind Hispanos. Ich meine, dies nicht nur an der Sprache erkennen zu können, sondern auch an der frenetisch fröhlichen Art, mit der sie sich durch den Laden bewegen. Andere Angestellte sprechen ihren klassischen, starken „Noo Yawker“ Akzent. Ich bekomme meinen Filterkaffee, der in einer normal-großen (sprich: extra-großen) Tasse serviert wird.
Nachdem ich meinen Bagel mit Spiegelei und Speck bestellt habe, drehe ich mich auf meinen Barstuhl hin und her und beobachte. Ich kann die Teller scheppern hören, als der Tellerwäscher sie wie ein Jongleur in die Spülmaschine befördert. Zwei ältere Herren betreten den Diner: „Hallo Jerry, hallo Bobby“, begrüßt sie eine der Kellnerinnen. Ich muss grinsen, fühle ich mich als Tourist bei ersterem Namen doch direkt an die Serie Seinfeld erinnert. Die beiden setzen sich ein paar Meter von mir entfernt an den Tresen.
Sie warten auf ihr Essen und es ist nicht zu übersehen, dass sie Morgenmuffel sind. Aber die Kellnerin kennt sie einfach zu gut und fängt an mit ihnen zu plaudern. Sie flirten zurück (wenn man das so nennen kann), behalten aber ihre grimmigen Gesichtszüge bei. Es wirkt fast, als wollten sie testen, wie weit sie gehen können, bevor die Kellnerin genervt ist. Aber sie verliert ihre Heiterkeit nicht. Nur einmal wird es ihr etwas zu viel und sie sagt in ihrem wunderbaren puerto-ricanischen Akzent: „Boah, ich ziehe Jerry und dir gleich eins über die Rübe!“
Kurz danach bekommen sie ihr Frühstück. Natürlich findet Bobby einen Grund sich zu beschweren: „Da ist viel zu viel Öl auf den Kartoffeln“, meint er und macht eine Handbewegung, als gieße er eine Flasche Öl auf seinen Teller. Sie weiß, was zu tun ist. „Bobby braucht ein bisschen Zuwendung“, sagt sie, während sie ihm Kaffee nachgießt. (Zugegebenermaßen hat er wohl mit seinem Kommentar nicht ganz unrecht – aber hey, wir sind in Amerika!)
Ich wünschte ich könnte noch ein bisschen bleiben, muss aber los. Ich schnappe mir meine Rechnung und stehe auf, um vorne zu zahlen. Die Kellnerin hat mein Notizbuch und meine Blicke nicht übersehen und meint „Wenn du morgen wiederkommst, kriegst du die gleiche Show geliefert. Stimmts, Jerry und Bobby?“ Jerry erwidert: „Ne, ich werde nicht da sein.“ Sie: „Oh doch, das wirst du.“ Auf dem Weg zur Tür kommen mir zwei Cops entgegen und kaufen Bagels. Wir haben kurzen Blickkontakt und grüßen einander.
Ich spüre jetzt, was ich an Diners so faszinierend finde. Da ist erstens die Vielfalt der Gäste: Arbeiter*innen, Rentner*innen, Eltern mit Kindern, Menschen aus scheinbar allen Ecken der Welt oder einfach Leute, die aussehen, als kämen sie gerade von einem Filmset. Aber noch viel wichtiger: es scheint, als verstelle sich niemand oder eifere eitel irgendeinem Anspruch nach. Die Leute kommen, wie sie sind. Fröhlich oder traurig, freundlich oder patzig, leise oder laut. Vor allem aber hungrig.